Digitalisierung ist ein Schlüsselbegriff und Schlagwort unserer Zeit: kein Regierungsprogramm, keine Bildungsstrategie, kein Wirtschaftsplan, in denen nicht ständig das Wort Digitalisierung vorkommt. Digitalisierung ist zum einen eine Notwendigkeit unserer Zeit, die vom technischen Fortschritt und von wirtschaftlichen Sachzwängen bedingt ist. Wir erleben sie andererseits als die Grundlage für gesellschaftliche Veränderungen: das Internet hat Information und Wissen für alle zugänglich gemacht und gibt allen die Möglichkeit, sich öffentlich an Kommunikation zu beteiligen – mit allen Vor- und Nachteilen.
Wenn wir von Digitalisierung in der Schule reden, dann geht es auch genau um diese beiden Bereiche: wir müssen unsere Schülerinnen und Schüler technisch fit machen für die Herausforderungen, die in Zukunft auf sie zukommen werden. Dabei muss uns bewusst sein, dass wir erst am Anfang einer Entwicklung stehen, die wir im Moment noch gar nicht abschätzen können. Aber wir müssen im Zusammenhang mit Digitalisierung auch das Bildungssystem den gesellschaftlichen Veränderungen und den veränderten Rollen anpassen: wenn das Internet Information für alle zugänglich macht, verschwinden Wissensmonopole. Das betrifft auch die Schule. Lernen geschieht heute zu einem großen Teil über Google, YouTube und Soziale Medien. Übrigens ist YouTube in einer weltweiten Umfrage über die 200 besten Tools zum Lernen die Nummer 1. Die Rolle der Lehrpersonen verändert sich damit. Die Beteiligung aller verflacht Hierarchien, übrigens nicht nur in der Schule.
Die Schule darf nicht zu einer Parallelwelt werden, in der Lernen so geschehen muss, wie es immer schon war, während im „normalen Leben“ sich vieles – zum Beispiel der Umgang mit Medien – grundsätzlich verändert. Digitalisierung und Schulentwicklung gehören zusammen und müssen miteinander gedacht werden. Schulentwicklung hat drei Dimensionen: Unterrichtsentwicklung, Personalentwicklung und Organisationsentwicklung. Im Bereich der Unterrichtsentwicklung haben wir ein verändertes Rollenverständnis von Lehrerenden und Lernenden, wir haben die Möglichkeit im Rahmen des Lernens Informationen von außen zu holen und nach außen zu tragen. Es entsteht dadurch das, was wir als seamless learning bezeichnen, als nahtloses Lernen, das die Grenze zwischen Schule und Außenwelt oder Schulzeit und Freizeit verschwinden lässt. Dazu ist Personalentwicklung – die zweite Dimension der Schulentwicklung – notwendig: zum einen ganz banal als technische Fortbildung, zum anderen müssen Lehrpersonen lernen, Bildung neu zu definieren. Entsprechend dieser neuen Denkweise sind auch bereits neue Fortbildungsformate entstanden: wenn Lehrerinnen und Lehrer an Barcamps teilnehmen, dann sind das Formate, in denen alle Beteiligten zugleich Lernende und Lehrende sind. Diese Entwicklungen haben auch Auswirkungen auf die Organisationsstruktur der Schullandschaft: Hierarchien verflachen, die Kommunikation wird demokratischer und vernetzter.
Digitalisierung darf nicht ohne die Schulentwicklung gedacht werden, und Schulentwicklung nicht losgelöst von Digitalisierung.