Blog des Zentrums für Medien der PH Vorarlberg

Pimp my Video Chat

In vielen Ländern wurde im Zuge des Corona-Shutdowns der gesamte Lehrbetrieb auf Homeschooling bzw. virtuelle Lehre umgestellt. Dabei wurden vielfach Videokonferenzsysteme (VCS) (Zoom, Skype, MMS-Teams, Big Blue Button …) zur synchronen, multimedialen Kommunikation eingesetzt.

Streamingapplikation wie die freie „Open Broadcaster Software“ (OBS Studio) ermöglichen einen direkten Eingriff in den Signalweg und erweitern dadurch die Gestaltungsmöglichkeiten des Videostreams.

OBS Studio als Schaltzentrale

Derartige Programme gehören zur Standardausstattung von Webvideoproduzent*innen. Damit können unterschiedliche Medienquellen (Kameras, Mikrofone, Grafiken, Videos, Audiofiles, Webseiten, Screencast, die Videokonferenz selbst …) manipuliert, zusammengeführt und über eine virtuelle Webcam als Stream an das VCS weitergegeben werden.

Auswahl didaktisch relevanter Vorteile

  • Der Videostream des Vortragenden kann direkt und in hoher Audio- und Videoqualität (1080p, 4k) aufgezeichnet und Studierenden zur Verfügung gestellt werden.
  • Der Videostream kann direkt aus dem Programm mit geringer Latenz auf Streamingplattformen (YouTube …) veröffentlicht werden. Dies erleichtert Ablage und Veröffentlichung und hilft Studierenden mit schlechter technischer Ausstattung bei der Teilnahme, weil das Video userseitig skalierbar ist.
  • Die Aufzeichnung erfolgt lokal und enthält im Gegensatz zur Aufzeichnung der gesamten Videokonferenz keine personenbezogenen Daten der anderen Teilnehmer*innen.
  • Videos können im Gegensatz zur normalen Bildschirmfreigabe mit hoher Bildwiederholungsrate im Stream vorgeführt werden.
  • Neben der üblichen Webcam können weitere Kamerabilder (z. B. Dokumentenkamera …) und andere Medien (Uhr, Infografiken, Präsentationen, Hinweise …) direkt in den Stream eingefügt werden.
  • Kameraausrichtung, Belichtung, Bildausschnitte und alle anderen gängigen Elemente von Postproduktionen können während des Streams ohne Aufwand als Filter angewendet werden.
  • Alle Funktionen können per Shortcut oder einem entsprechenden Stream Deck einfach gesteuert werden.
  • Das Videofenster der Lehrperson kann zur besseren Erkennbarkeit mit entsprechenden Gestaltungselementen und Symbolen/Logos ausgestattet werden.
  • Mehrere Bildschirme können verwaltet und freigegeben werden, wodurch Lehrpersonen einen besseren Überblick über ihre Präsentation, ihre Medien und die Lerngruppe haben.
Erweiterungen durch OBS-Studio
Abb. 1: Erweiterung durch OBS-Studio und mögliche Signalwege

Setup von OBS-Studio

OBS-Studio kann unter https://obsproject.com/de/download kostenlos heruntergeladen werden. Unter https://streamshark.io/blog/using-obs-as-a-virtual-webcam-on-windows-and-macos/ wird eine Installationsanleitung angeboten.

VCS verwenden den direkten Zugriff auf die Kamera des Endgerätes. Damit der Videostream von OBS dazu genutzt werden kann, muss eine virtuelle Kamera installiert werden, welche für Windows  (https://obsproject.com/forum/resources/obs-virtualcam.539/) und MacOS (https://github.com/johnboiles/obs-mac-virtualcam) zur Verfügung steht. Diese virtuelle Kamera kann anschließend im VCS als Videoquelle ausgewählt werden.

Update 04.11.2020:
Seit der aktuellen Version von OBS Studio 26.0.2 ist es nicht mehr notwendig die Virtual Cam zu installieren. Diese Funktion ist nun fixer Bestandteil der Installation und kann über die Kontrollbuttons rechts einfach gestartet werden. Diese virtuelle Kamera kann anschließend im VCS als Videoquelle ausgewählt werden.

Auflösung vs. Bildrate

Bilder von Webcams werden von VCS zur flüssigen Darstellung der sprechenden Person mit geringer Auflösung, aber hoher Bildwiederholrate synchron mit dem Ton stark komprimiert übertragen. Demgegenüber überträgt man Bildschirmfreigaben mit hoher Auflösung aber niedriger Bildwiederholrate, was der Lesbarkeit von Dokumenten dient. Wenn die Bildschirmfreigabe einer Präsentation über OBS -> Virtuelle Kamera erfolgt, ist die Auflösung auf Kosten der Bildfrequenz demnach schwach, dafür können Videos auf diesem Weg gut freigegeben werden. Wenn eine Bildschirmfreigabe des VCS über den OBS-Player-Bildschirm freigegeben wird, können auch Präsentationen mit hoher Auflösung gut freigegeben werden. Je nach Anwendung ist die entsprechende Variante auszuwählen. Im aufgezeichneten Stream kann man aber jederzeit mit der gewünschten Auflösung und Bildrate arbeiten.  

Einbindung und Anpassung einer Webseite per OBS

Abb. 2. Einbindung einer Audience Response-Webseite und einer Uhr

Beispiel Medieneinbindung: Audience Response

Im Rahmen eines zeitgemäßen Bildungsbegriffs ist die Einschätzung von Unterrichtsqualität durch Studierende ein entscheidender Faktor. Durch den Einsatz eines „Audience Response Systems“ wie http://backchannel.cnc.io/ kann die Zufriedenheit der Lerngruppe in Videokonferenzen in Echtzeit abgefragt werde. Studierende können damit über den Aufruf einer bestimmten URL (http://backchannel.cnc.io/MEIN_CODE) während einer Lehrveranstaltung beliebig oft anonym ihre Einschätzung zu den drei Kategorien Zufriedenheit, Verständnis und Vortragstempo abgeben. Auf der Ergebnisseite wird dann für die Lehrperson der Mittelwert aus der Gruppe angezeigt und gibt auf diese Weise in Echtzeit Rückmeldung. Diese Ergebnisseite wird direkt über OBS-Studio in den Stream montiert und kann damit während dem Unterricht sichtbar gemacht werden.

Na dann ..

Videokonferenzen haben im Zuge der Corona-Krise eine breite Masse erreicht und werden auch danach zumindest in einem bestimmten Rahmen erhalten bleiben. Daraus ergibt sich durch die Notwendigkeit der Weiterentwicklung entsprechender didaktischer Modelle und der Optimierung der dafür hilfreichen Technologien eine wichtige Herausforderung für Schulen.

Eine ausführliche Diskussion über didaktische Aspekte von VCS erscheint in der nächsten Ausgabe F&E Edition der PH Vorarlberg im Herbst 2020 und ist unter https://www.ph-vorarlberg.ac.at/f/ueberblick/fe-edition/ abrufbar.

… viel Erfolg!


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